Die Städte sterben nicht an Beton, sondern an Feigheit
…und an Haltung.
Wenn Friedrich Merz vom Stadtbild spricht, dann weiß jeder, was gemeint ist – und genau deshalb darf man es nicht sagen.
Wer das Offensichtliche beschreibt, wird heute nicht mehr als reaktionär bezeichnet, sondern gleich als Gefährder der gesellschaftlichen Harmonie, als jemand, der „spaltet“.
Dabei spaltet nicht der, der hinsieht, sondern der, der die Augen schließt.
Ich schreibe das hier mit dem Wissen, dass mir derselbe Vorwurf droht: zu deutlich, zu direkt, zu unbequem. Aber wer sich ständig selbst zensiert, der macht sich überflüssig – als Bürger, als Demokrat, als freier Mensch.
Solange sich der Journalist, den Merz meinte, nicht traut, seiner eigenen Tochter genau die Frage zu stellen, die Merz gemeint hat – und sich der Antwort ehrlich zu stellen –, bleibt die ganze Empörung nichts als Pose.
Denn diese Antwort wäre die Wahrheit über das, was Merz „verändertes Stadtbild“ nennt.
Und solange die Medien Wahrnehmung über Wahrheit stellen, solange sie lieber das Framing pflegen als die Frage zuzulassen, ist in diesem Land keine echte Problemstellung mehr erlaubt.
Dann diskutieren wir nicht mehr über Ursachen, sondern nur noch über zulässige Formulierungen.
Dann ist Politik nicht mehr Aufklärung, sondern Schadensbegrenzung am öffentlichen Bewusstsein.
Das Stadtbild, das war einmal der sichtbare Ausdruck gemeinsamer Maßstäbe – von Ordnung, Maß und gegenseitigem Respekt.
Heute ist es eine Collage aus Fördertöpfen, Franchise-Fassaden und moralischer Müdigkeit.
Nicht Vielfalt ist das Problem, sondern die Verramschung des Gemeinsamen.
Wir leben in einer Zeit, in der Haltung nur noch als Marketingbegriff taugt. Alles darf nebeneinanderstehen, solange es nichts kostet und niemanden stört.
Das Ergebnis: Städte ohne Gesicht, Gesellschaft ohne Form, Freiheit ohne Fundament.
Ich schreibe das nicht aus Nostalgie, sondern aus Sorge.
Denn ein Land, das sein Stadtbild verliert, verliert irgendwann auch sein Selbstbild.
