Misstrauen als Staatsräson – Warum Freiheit keine Vormundschaft braucht

Misstrauen als Staatsräson – Warum Freiheit keine Vormundschaft braucht

Was als Schutz beginnt, endet oft als Kontrolle.
Was als Ordnung gemeint war, wird zur Bevormundung. Und was als Sorge daherkommt, ist in Wahrheit Misstrauen.

Ich habe kein Problem mit Streit. Ich habe ein Problem mit Denkfaulheit. Und mit einem Staat, der offenbar glaubt, seine Bürger vor sich selbst schützen zu müssen.

Das neue Prinzip: Misstrauen mit Gesetzestext

Parteienverbote, Chatkontrolle, Social-Media-Regulierung – alles Ausdruck desselben Reflexes:
Der Staat traut dem Bürger nicht mehr über den Weg.

Nicht beim Wählen. Nicht beim Denken. Nicht einmal mehr beim Schreiben einer Nachricht.

Die Begründung klingt immer fürsorglich: „Wir müssen euch schützen – vor Falschinformationen, vor Extremismus, vor Hass.“
Aber am Ende schützt der Staat niemanden – er entmündigt.

Denn wer dem Bürger nicht zutraut, Informationen einzuordnen oder Meinungen zu ertragen, erklärt ihn implizit zum Kind, das Beaufsichtigung braucht.

Der liberale Gegenentwurf: Ordnung statt Vormundschaft

Ich bin Ordoliberaler. Ich bin zutiefst von der Notwendigkeit von Regeln überzeugt, aber nicht von Regulierungswut.
Der Staat hat lediglich eine Aufgabe: den Rahmen zu setzen, in dem Freiheit möglich ist.
Er soll das Spielfeld markieren, nicht die Spielzüge ansagen.

Doch heute erleben wir das Gegenteil.
Upload-Filter, Meldepflichten, Chatkontrolle – alles Ausdruck einer neuen Bürokratie des Verdachts.
Nicht mehr die Tat zählt, sondern die Möglichkeit, dass etwas gesagt, geschrieben oder gedacht werden könnte.

Das ist keine Ordnungspolitik mehr. Das ist der schleichende Übergang vom Rechtsstaat zum Erziehungsstaat.

Freiheit heißt, Verantwortung zuzutrauen

Freiheit ist unbequem.
Sie erlaubt Irrtum. Sie erlaubt Unsinn. Sie erlaubt sogar Dummheit.
Sie erlaubt all das. weil sie dem Menschen zutraut, daraus zu lernen.

Eine Gesellschaft, die glaubt, sie müsse jede potenziell falsche Meinung zensieren, verliert nicht nur ihre Streitkultur,sie verliert ihre Reife.

Paternalismus ist die höfliche Form des Misstrauens.
Und Misstrauen ist das Ende der Mündigkeit.

Der gefährliche Reflex: Freiheit durch Kontrolle schützen

Man kann die Demokratie nicht retten, indem man sie filtert.
Man kann sie nur retten, indem man ihr vertraut.

„Es gibt keine Freiheit, wenn die Regierung bestimmt, was richtig zu denken ist“ – Friedrich August von Hayel

Wir sind näher an diesem Punkt, als viele glauben.
Wenn private Kommunikation, politische Diskussion und öffentlicher Diskurs alle unter den Generalverdacht des Gefährlichen gestellt werden,
dann hat der Liberalismus nicht versagt, dann hat der Staat vergessen, wofür er da ist.

Mein Punkt ist einfach

Ich will keine Gesellschaft, die durch Verbote sauber bleibt.
Ich will eine Gesellschaft, die stark genug ist, Widerspruch auszuhalten.

Ich will Bürger, keine Mündel. Ich will Denken statt Erziehung.

Vielleicht macht mich das zum enfant terrible.
Das ist mir herzlich egal, denn wenigstens traue ich den Menschen noch etwas zu.

Schlussgedanke

Freiheit ist kein Wellnessprogramm.
Freiheit ist Arbeit – sie fordert uns.
Aber sie ist das Einzige, was verhindert, dass aus der Demokratie ein behutsam verpackter Autoritarismus wird.

Und wer Freiheit für zu gefährlich hält, sollte sich ehrlich fragen, ob er ihr überhaupt gewachsen ist.